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Die Agenturen

Neben freien Beratern und Beratungsagenturen arbeiten auch Werbeagenturen für Politiker. Zum goldenen Hirschen hat für die Grünen den Wahlkampf gestaltet, Heimat Berlin ist für den neuen Look der FDP verantwortlich. Wo findet ihre Arbeit Grenzen?

Alexander Lang,
Zum goldenen Hirschen

… ist einer der Geschäftsführer von „Zum goldenen Hirschen Berlin“. Unter anderem entwickelte die Kommunikationsagentur Kampagnen für die Partei Bündnis 90/Die Grünen. Mittlerweile zählen das Bundespresseamt und das Bundeswirtschaftsministerium zu den Kunden der „Hirschen“.

Heute Morgen Übermorgen: Was sind Grenzen der Politikberatung?

Alexander Lang: Wir machen keine Politikberatung, wir unterstützen politische Akteure bei der Kommunikation. Die Grenzfrage ist eher relevant, wenn man für Unternehmen kommuniziert und die Zielgruppe die Politik ist. Denn dann geht es um Interessenvertretung, die an sich legitim ist. Aber es stellt sich schnell die klassische Lobbyismus-Frage: Wie weit ist Einflussnahme demokratisch und wie weit ist sie durch bestimmte Ressourcen oder Kanäle, die zur Verfügung stehen, eine Beeinträchtigung der Gleichheit der Informationen? Aber für das, was wir machen, gibt es da eigentlich keine Schwierigkeiten. Wir kommunizieren nicht in Richtung Politik. Wir kommunizieren das Politische Handeln. Wir unterstützen die Regierung und einzelne Ministerien dabei, ihrem Informationsauftrag gegenüber der Öffentlichkeit nachzukommen.

„Zu viele Informationen zur gleichen Zeit machen es für diejenigen einfach, die in kurzen Parolen kommunizieren.“

Alexander Lang

Die Grenze, die wir haben, besteht zwischen Wahlkampf und der Arbeit für Ministerien. Um zu verhindern, dass dies verschwimmt, hat sich die Politik Regeln gegeben. So wird zum Beispiel im Vorfeld von Bundestagswahlen, in der sogenannten werbefreien Zeit, kaum kommuniziert. Denn hier könnte die positive Darstellung der politischen Arbeit missverstanden werden.

Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf die politische Kommunikation?

Digitalisierung findet überall statt. Sie eröffnet neue Kanäle für die Kommunikation, erhöht die Möglichkeiten der zielgruppenspezifischen Ansprache und schafft quasi Echtzeit-Kommunikation. Sie bringt aber auch negative Facetten mit sich. Die Kommunikation wird anonymer, die Quellen schwerer zu identifizieren. Und am Ende führt die Beschleunigung der Kommunikation auch zu einer Verkürzung. Zu viele Informationen zur gleichen Zeit machen es für diejenigen einfach, die in kurzen Parolen kommunizieren. Das wird der politischen Komplexität leider oftmals nicht gerecht und schadet dem Diskurs, wie man in Amerika, aber auch bei der AfD sehr schön beobachten kann.

Gibt es eine Berufsethik, der Sie sich verschreiben?

Bei politischen Kunden halten wir uns an das demokratische Spektrum. Parteien, die sich außerhalb davon bewegen, werden niemals unsere Kunden sein. Dazu gehört für uns ganz klar die AfD, bei denen wir nicht zu einem möglichen Erfolg beitragen wollen. Bei Unternehmen und Verbänden entscheiden wir immer über den Einzelfall. Wir haben uns schon gegen die Teilnahme an Pitches oder Anfragen entschieden. Zuletzt gab es einen Fall, da haben wir es den Mitarbeitern überlassen und die haben sich aufgrund der Branche gegen eine Beauftragung entschieden.

Elisabeth Treichel,
Heimat Berlin

… ist bei der Heimat Werbeagentur unter anderem Account Director für die Freie Demokratische Partei.

Heute Morgen Übermorgen: Was sind Grenzen der Politikberatung?

Elisabeth Treichel: Wir als Heimat verstehen uns als Werbe- und Kommunikationsagentur. Die FDP stellt da einen Sonderfall in unserer Kundenstruktur dar. Zu Beginn unserer Zusammenarbeit 2014 haben wir einen simplen und wirkungsvollen Deal geschlossen: Die FDP macht die Politik, wir die Kommunikation. Der Kunde gibt also an, welche politischen Inhalte er kommunizieren möchte und wir versuchen, die bestmögliche Verpackung zu finden. Disruptive Kampagnen sind dabei unsere Stärke. Wir suchen nach Geschichten, die schlau, berührend und unerwartet sein sollen. Zwischen 2014 und 2017 haben wir mit der FDP die Geschichte des gefallenen Heldens erzählt. Der Held war Christian Lindner, der sich in den Bundestag zurückkämpft.

„Werbung bedeutet zwar Überspitzung und manchmal auch Auslassung, darf aber nie Lüge sein.

Elisabeth Treichel

Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf die politische Kommunikation?

Die gesamte Zusammenarbeit mit der FDP läuft digital ab. Da wird nichts mehr gedruckt. Und die Kommunikation über WhatsApp gehört auch dazu. Jeder Post auf Social Media kann eine solche Strahlkraft haben, dass wir schnell reagieren können müssen. In der WhatsApp-Gruppe sind neben der politischen Führung der FDP wir selbst und zum Beispiel Social-Media-Experten vertreten. Innerhalb von Minuten können wir so eine Botschaft abstimmen.

Gibt es eine Berufsethik, der Sie sich verschreiben?

Grundsatz ist zum Beispiel, dass wir nicht für Parteien wie die AfD arbeiten. Diesbezüglich gab es sogar einen Schulterschluss deutscher Werbeagenturen. Folge war, dass die AfD letztlich mit einer schweizer Agentur arbeiten musste. Eines unserer Credos ist außerdem, dass wir nicht lügen. Werbung bedeutet zwar Überspitzung und manchmal auch Auslassung, darf aber nie Lüge sein.

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Bilder: Harry Weber, Heimat Werbeagentur