Author: Britta Röös

Irrtum 5: Alle Algorithmen arbeiten immer neutral und unabhängig von menschlichen Wertesystemen

Algorithmen begegnen uns nahezu überall. Sei es im Navigationsgerät des Autos, wo sie für uns den kürzesten Weg suchen. Beim Texteschreiben am Computer, wo sie unsere Rechtschreibfehler korrigieren. Oder beim Streamingdienst, wo unter der „Top-Auswahl“ für uns interessante Filme vorgeschlagen werden. Umso erstaunlicher ist es, dass kaum einem Deutschen bewusst ist, wie diese Systeme arbeiten. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung von Mai 2018 hat ergeben, dass zwar 72 Prozent der Befragten den Begriff bereits gehört haben, aber nur jeder zehnte weiß recht genau, wie Algorithmen funktionieren. Über die Hälfte gaben hingegen an, kaum etwas über sie zu wissen. An dieser Stelle also eine Erklärung: Als Algorithmen bezeichnet man Systeme mit einer klar definierten Vorgehensweise, die Schritt für Schritt eine Lösung finden. So definiert es das Fachportal für Softwareentwicklung Dev Insider. Dabei geht es nicht darum, ein spezifisches Problem zu lösen, sondern mit einem allgemeineren Blick heranzugehen. Der Algorithmus hinter Google-Suchanfragen ist beispielsweise nicht speziell für „Günstiges Hotel Traumstrand Karibik“ geschrieben, sondern generell zur Ordnung von Suchergebnissen nach Kompetenz, Verlinkungsstruktur und Relevanz. Man könnte einen Algorithmus …

Irrtum 4: Künstliche Intelligenz wird uns bald überlegen sein

Die Geschichte der Künstlichen Intelligenz hat bereits in den 1950ern begonnen. Der britische Mathematiker Alan Turing entwickelte einen Test, mit dem gemessen werden sollte, ob ein Computer zu Intelligenz fähig ist. Nur ein Jahr später baute der amerikanische Mathematiker Marvin Minsky den ersten Neurocomputer SNARC. Solche Künstlichen Neuronalen Netze (KNN) sind ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz. Sie sind vom Aufbau her am menschlichen Gehirn orientiert und sollen definierte Problemstellungen lösen. So definiert es das Fachportal BigData-Insider. Der von Minsky entwickelte SNARC beispielsweise simuliert das Verhalten von Laborratten in einem Labyrinth. Seit 1956 gibt es Künstliche Intelligenz unter diesem Namen als eigene Forschungsdisziplin. Vier Jahre später wurde ein weiterer Meilenstein entwickelt: der erste lernfähige Computer auf der Basis des Prinzips von Versuch und Irrtum. Danach folgten unter anderem Chatbots, Spieleprogramme und ein Schachcomputer, der den Weltmeister schlug. 2011 gab es einen weiteren Durchbruch: Siri, der persönliche Sprachassistent von Apple ist auf den Markt gekommen. Seitdem ist es für Nutzer selbstverständlich, dass auch Smartphones, SmartTVs oder ein Echo Lautsprecher wie Alexa natürliche Sprache verstehen, antworten und Befehle …

Irrtum 3: Freie Meinungsäußerung im Internet hat keine Grenzen

Ein zu Recht hohes Gut in Deutschland ist der Artikel 5 des Deutschen Grundgesetzes (GG): „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Kurz gesagt: Freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit. Ebenfalls niedergeschrieben im Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Doch als diese 1948 und ein Jahr später das GG verabschiedet wurde, war von sozialen Medien oder Privatsphäre im Internet noch keine Rede. Doch spätestens in den vergangenen zehn Jahren hat sich das Internet jedoch zur größten Veränderung des Informationswesens seit der Erfindung des Buchdrucks entwickelt. Und mit einer am 24. Januar 2013 veröffentlichten Mitteilung zu einer Schadensersatzklage hat der Bundesgerichtshof einen Internetanschluss zur Lebensgrundlage jeder Privatperson anerkannt. Wie sieht eine freie Meinungsäußerung im Zeitalter des Internets aus und hilft sie uns, eine soziale Gesellschaft, hier im umgangssprachlichen Sinne synonym verwendet mit hilfsbereit, mitfühlend und friedlich miteinander umgehend, zu sein? Marc Zuckerburg hat Facebook aufgebaut, um jedem eine Stimme zu geben. Das hat er zumindest in einem Interview …

Irrtum 2: Digitale Ethik betrifft ausschließlich Unternehmen wie Google, Facebook & Co.

Wie bereits erklärt wurde, behandelt Ethik das Verhalten von Menschen. Dabei ist es wichtig, nicht den Bezug zum Wesentlichen zu verlieren. Wer ist betroffen und wer sollte aktiv werden? Außerdem sollte nicht von vorne herein der Kopf in den Sand gesteckt werden. Denn so viele neue Technologien und Entwicklungen es in den vergangenen Jahrzehnten auch gegeben hat: Wir stehen nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit vor dem „Problem“, dass Maschinen zur Übernahme von bisher menschlichen Aufgaben entwickelt wurden. Denken wir nur an die Industrialisierung. Als der Engländer James Hargreaves Mitte des 18. Jahrhunderts seine „Spinning Jenny“, die erste industrielle Spinnmaschine, erfunden hat, haben sicherlich auch viele Arbeiter die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Mit dieser Erfindung wurde maßgeblich eine technische und gesellschaftliche Revolution eingeleitet. Und heute ist es das gleiche – nur doch irgendwie anders. Jeder ist betroffen. Eine große Gemeinsamkeit der beiden angesprochenen Revolutionen ist, dass sie nicht nur die Entwickler und Unternehmer der neuen Erfindungen betreffen. Im Gegenteil. Jeder ist betroffen. Nicht nur Informatiker, Programmierer und Unternehmenschefs, sondern auch der …

Irrtum 1: Digitale Ethik lässt sich einfach programmieren

Seit Jahrhunderten passt sich unsere Ethik den jeweils vorherrschenden Lebensumständen an. Eine Ethik, welche die Einflüsse der Digitalisierung mit betrachtet, wurde bereits in den 1940ern erwähnt. Damals sprach man allerdings noch von einer Computer-Ethik, die vor allem für Informatiker geltend war. Darüber hinaus thematisierte sie aber auch die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen von Computern. Der Begriff einer digitalen Ethik ist dagegen erst seit rund zehn Jahren bekannt. Nun ist es aber so, dass unsere Welt in Bezug auf die Digitalisierung keineswegs dieselbe ist, wie sie es noch vor zehn Jahren war. Wie aber kann Ethik mit den schnellen Entwicklungen des digitalen Zeitalters mithalten? Für diese Frage muss man sich die genaue Bedeutung von Ethik vor Augen halten. Ethik nimmt niemandem die Verantwortung für sein Handeln ab, sondern sie reflektiert unser Verhalten. Wenn wir nun das Gefühl bekommen, dass unsere Moral mit den neuesten Technologien und deren Eingriffen in unser Leben nicht mehr mithalten kann, dann ist es Zeit, in eine neue Reflexionsrunde zu gehen und die ethische Linie zu überdenken. Doch das braucht Zeit – und Menschen, …

Ethik ist nicht berechenbar

Was hat sich in unserer Welt und unserem Verhalten verändert, seitdem wir nicht mehr ausschließlich analog, sondern vor allem digital leben? Nehmen wir das Beispiel Internet. Zunächst gab es eine große Euphorie. Mehr Pluralismus, mehr Demokratie, mehr Mitbestimmung und Partizipation. Aber heute diskutieren wir eher über Hasskommentare und anonyme Beleidigungen. Gab es in den vergangenen Jahrzehnten einen Werteverlust? Hängt die digitale Moral jedes Einzelnen vielleicht auch mit dem Wissen über die Vor- und Nachteile der Digitalisierung zusammen? Unsere digitale Ethik steckt noch in den Kinderschuhen. Denn wer bestimmt, wie wir uns im Internet zu verhalten haben oder wie viel Einfluss ein Algorithmus auf unsere Entscheidungen bekommt? Und welche gesellschaftlichen Folgen hat es, wenn Künstliche Intelligenz (KI) Alltagsaufgaben übernimmt? Diese und weitere Fragen stehen seit langer Zeit im Raum, doch klare Antworten gibt es bisher nicht. Dafür kontroverse Debatten, die auf globaler und nationaler Ebene geführt werden. Unumstritten ist allerdings die Wichtigkeit dieser Auseinandersetzung, denn sie wird grundlegend für unsere gesellschaftliche Zukunft sein. Um sich der Frage zu nähern, ob unsere „analoge Ethik“ nicht mehr der …