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Irrtum 1: Digitale Ethik lässt sich einfach programmieren

Seit Jahrhunderten passt sich unsere Ethik den jeweils vorherrschenden Lebensumständen an. Eine Ethik, welche die Einflüsse der Digitalisierung mit betrachtet, wurde bereits in den 1940ern erwähnt. Damals sprach man allerdings noch von einer Computer-Ethik, die vor allem für Informatiker geltend war. Darüber hinaus thematisierte sie aber auch die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen von Computern. Der Begriff einer digitalen Ethik ist dagegen erst seit rund zehn Jahren bekannt. Nun ist es aber so, dass unsere Welt in Bezug auf die Digitalisierung keineswegs dieselbe ist, wie sie es noch vor zehn Jahren war. Wie aber kann Ethik mit den schnellen Entwicklungen des digitalen Zeitalters mithalten?

Für diese Frage muss man sich die genaue Bedeutung von Ethik vor Augen halten. Ethik nimmt niemandem die Verantwortung für sein Handeln ab, sondern sie reflektiert unser Verhalten. Wenn wir nun das Gefühl bekommen, dass unsere Moral mit den neuesten Technologien und deren Eingriffen in unser Leben nicht mehr mithalten kann, dann ist es Zeit, in eine neue Reflexionsrunde zu gehen und die ethische Linie zu überdenken. Doch das braucht Zeit – und Menschen, die es tun.

Die Frage der Verantwortlichkeit muss neu gestellt werden

Institut für Digitalisierung

Seit 2014 arbeitet das Institut für Digitale Ethik (IDE) an der Hochschule der Medien Stuttgart daran, sich diesem und anderen Problemen zu widmen. Laut seiner Internetseite ist das allgemeine Ziel, als „Dialogforum und Forschungsinstitut für den intra- und interdisziplinären Austausch zwischen Medienwissenschaft, Medienpraxis und Medienpolitik“ zu dienen. Außerdem will es durch öffentliche Diskurse und Veranstaltungen die Gesellschaft für digitale Ethik sensibilisieren. Die Vorsitzende des Instituts ist die Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Dr. Petra Grimm. In einem Interview mit dem Goethe Institut im Oktober 2015 erklärte sie, dass das generelle Problem sei, „bestimmte kulturelle Standards des Umgangs, wie wir sie für den persönlichen Kontakt und im Rahmen der Medienethik für klassische Massenmedien definiert haben, nun auch für den digitalen Raum zu bestimmen“. Mit anderen Worten: Durch die Digitalisierung unserer Welt haben sich neue Fragestellungen ergeben, die es zuvor in der rein „analogen“ Welt nicht gab. Ein besonders wichtiger Aspekt: Die Frage der Verantwortlichkeit muss neu gestellt werden. Wer beispielsweise ist haftbar, wenn eine KI zunehmend autonomer arbeitet – und eine fehlerhafte Entscheidung trifft?

Schnittstelle zwischen Medien-, Informations- und Technikethik.

Prof. Dr. Petra Grimm

Generell geht es also bei digitaler Ethik darum, die bisher bestehende Medienethik weiterzuentwickeln und an den heutigen Digitalisierungsstand anzupassen. Außerdem soll herausgefunden werden, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Gesellschaft und jeden Einzelnen hat. Zielführend ist, normative Standards und Begründungen für moralisches Handeln auszuarbeiten, erklärt Grimm in ihrer Schrift „Grundlagen für eine digitale Wertekultur“. Dort definiert sie digitale Ethik außerdem als Schnittstelle zwischen Medien-, Informations- und Technikethik.

Doch trotz aller guten Bemühungen muss man sich an eines erinnern: Ethik lässt sich nicht programmieren. Das führt uns zum Irrtum 2: Digitale Ethik betrifft ausschließlich Unternehmen wie Google, Facebook & Co.

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