Alle Artikel mit dem Schlagwort: Journalismus

„Bankenchefs werden so gut wie gar nicht mehr interviewt“

Berlin, Wiesbaden, Frankfurt: Andreas Clarysse hat einige Stationen hinter sich und kennt sich mich mit Politikberichterstattung, Wirtschaftsjournalismus, aber auch im Sport aus. Im Interview erzählt der erfahrene Korrespondent, wie er die Nähe zwischen Journalisten und Entscheidungsträgern an seinen verschiedenen Berufsstationen wahrgenommen hat.

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Der Mythos vom freien Netz – und sein Einfluss auf den Journalismus

Schaut man auf die frühen Tage des massentauglichen Internets, also in die 1990er und frühen 2000er Jahre, entsteht ein Gefühl der Nostalgie. Das liegt nicht nur am reduzierten Design der damaligen Websites. Sondern auch am Charme der Prä-Social-Web-Zeit, als sich die Macht der großen Internetgiganten noch nicht herausgeschält hatte und auf Videoplattformen noch „echte“ Nutzer statt bezahlter Influencer dominierten. Und da war natürlich die Verheißung der Internet-Pioniere, das Web werde nun ganze Gesellschaften befreien und wahre Demokratie schaffen. Nüchtern betrachtet wirkte das schon damals übertrieben, heute wissen wir es ohnehin besser. Oder nicht? In einem neuen Buch zeigen die Kommunikationswissenschaftlerinnen Angela Philips und Eiri Elvestad, dass Mythen rund um die emanzipatorische Kraft des Netzes weiterleben – auch im Journalismus. Eine Rezension. Philips und Elvestad sind freilich angetreten, diese Mythen zu widerlegen. Dabei bedienen sie sich zumindest auf den ersten Blick einer Darstellungsform, wie sie kaum Social-Web-tauglicher sein könnte: dem Listicle. „Seven Myths of the Social Media Era“ ist ihr Buch „Misunderstanding News Audiences“ untertitelt.  Allerdings gehen sie auf 180 Seiten wissenschaftlich durchaus in die Tiefe. …

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Lasst uns wieder leiser werden: Provokation und Journalismus

Foto: andriano.cz/Shutterstock.com Die Frage »Wie berichten wir darüber?« haben sich Journalisten in der jüngeren Vergangenheit vor allem bei populistischen Provokationen gestellt. Beispiele für Provokationen aus der Vergangenheit gibt es viele. Doch wie sinnvoll ist es, noch über jedes Stöckchen zu springen, dass der Mediengesellschaft hingehalten wird? David Freches beschreibt, wie die Aufmerksamkeitslogik der sozialen Netwerke auf den Journalismus übergeht. Sein Text ist ein Auszug aus dem Buch „Wenn Maschinen Meinung Machen“, das im März 2018 im Westend-Verlag erschienen ist.  Ich erinnere mich an eine Push-Nachricht, die mir Spiegel Online im August 2016 auf mein Smartphone geschickt hatte. »Trump fabuliert über Schüsse auf Clinton« lautete die Überschrift. Was war passiert? Bei Trumps Wahlkampfauftritt im US-Bundesstaat North Carolina ging es um den zweiten Verfassungszusatz. Der berechtigt US-Amerikaner, eine Waffe zu tragen. Während der Rede sprach er darüber, was eine Präsidentschaft von Hillary Clinton für dieses Recht bedeuten könnte. Er ging auf die obersten Richter ein, die Clinton für das Verfassungsgericht berufen würde. Sie wären das sichere Aus für den Verfassungszusatz, unterstellte Trump. Clinton hatte dahingehende Pläne zwar nicht …

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Die Gatekeeper sind weg

Eine Welt ohne Journalismus: Das Szenario einer Gesellschaft, die zwar nicht informationslos ist, in der aber von Journalisten orchestrierte Informationen verschwunden sind? Jedem Menschen wird ein zugeschnittenes Medienmenü geliefert, dass er noch nicht einmal selbst wählen muss, weil die Maschine es für ihn berechnet. Personalisierung und Algorithmisierung sind freilich keine dunkle Dystopie oder verheißungsvolle Utopie. Beide sind längst in unserem Alltag und auch in der Medienbranche angekommen. Ein Verbot wäre insofern der falsche Weg. Doch wie weit sollen diese Entwicklungen gehen? Dominik Speck entwirft ein düsteres Gedankenspiel. Sein Text ist ein Auszug aus dem Buch „Wenn Maschinen Meinung Machen“, das im März 2018 im Westend-Verlag erschienen ist.  Kurz das Gesicht scannen lassen, Türe auf, losfahren, endlich entspannen. Kein Plan, wie die Menschen das früher gemacht haben, als die Autos noch dumm waren und ihre Fahrer alle die gleiche Straße genommen haben, nur um sich dann fluchend über die Verkehrsplaner zu beschweren. Überhaupt, die menschliche Idiotie. Zum Glück hatte man sie endlich ersetzt, denkt Jacob. Zumindest im Arbeitsleben. Ersetzt durch die nüchterne Kraft von Maschinen. Unterstützen wir doch den …

Sprechen wir über Wahrheit

Foto: FCSCAFEINE/ Shutterstock.com Journalisten haben einen ganz eigenen Anspruch an die Wahrheit. Vor allem daran, die Wahrheit in ihrer Arbeit abbilden zu wollen. Auf gewisse Weise basieren journalistische Qualitätsstandards wie „Objektivität“ und „Richtigkeit“  auf der Annahme, es gäbe eine vom Menschen losgelöste Wahrheit, an die man sich, nimmt man sich als Berichterstatter nur weit genug zurück, annähern kann – in der Form, dass man sie nicht verfälscht. Aber: Ist das überhaupt möglich? Vielleicht kann Markus Gabriel, junger Shooting-Star der Philosophie, uns bei der Beantwortung dieser Frage helfen. von Hannah Schmidt Der Anspruch, den Menschen an den Journalismus stellen, ist derjenige, umfassend und möglichst unverfärbt über Tatsachen informiert zu werden. Stimmen die berichteten Tatsachen nicht mit dem überein, was der Rezipient oder die Rezipientin für die „wahren“ Tatsachen hält, wird jedoch vor allem in den letzten Jahren schnell das Wort „Lüge“ in den Mund genommen, wird von Fälschung, von „Fake News“, gesprochen. Das bringt eine persönliche Ebene ins Spiel, die erst einmal mit dem Berichteten gar nichts zu tun hat: Schließlich ist eine Lüge eine absichtliche …