Autor: Laura Baer und Silas Schefers

Die Berater Sie planen Wahlkampfkampagnen und entwerfen Kommunikationsstrategien: Zwei Politikberater über die Digitalisierung in der politischen Kommunikation und die Grenzen zwischen Machen und Beraten. Heute Morgen Übermorgen: Wo verläuft die Grenze zwischen Politik machen und Politik beraten? Frank Stauss: Da gibt es einen großen Unterschied in der alltäglichen Arbeit. Politik ist ein sehr ernsthaftes, intensives und sachorientiertes Geschäft. Aus meiner Berufserfahrung weiß ich, dass wir viele exzellente Fachpolitiker haben, denen aber manchmal die Zeit und die Gabe fehlen, in der heutigen Medienwelt ihre Botschaften zu transportieren. Dabei gehört Politikvermittlung ja wesentlich zum Beruf eines Politikers dazu. Inhaltliche Politik machen wir also ganz klar nicht, aber wir spitzen die Politik in der Kommunikation inhaltlich zu. Ob ein Kunde unserem Rat folgt, liegt bei ihm. Mir geht es darum, die Stärken einer Person zu stärken und nicht darum, ihre Schwächen auszubügeln. Was im umgekehrten Fall geschehen kann, haben wir bei Martin Schulz gesehen. Als Berater schaue ich ganz klar darauf, wie die Person ist, wofür sie brennt, bei welchen Inhalten sie sattelfest ist. Und dann gilt es …

Die Agenturen Neben freien Beratern und Beratungsagenturen arbeiten auch Werbeagenturen für Politiker. Zum goldenen Hirschen hat für die Grünen den Wahlkampf gestaltet, Heimat Berlin ist für den neuen Look der FDP verantwortlich. Wo findet ihre Arbeit Grenzen? Heute Morgen Übermorgen: Was sind Grenzen der Politikberatung? Alexander Lang: Wir machen keine Politikberatung, wir unterstützen politische Akteure bei der Kommunikation. Die Grenzfrage ist eher relevant, wenn man für Unternehmen kommuniziert und die Zielgruppe die Politik ist. Denn dann geht es um Interessenvertretung, die an sich legitim ist. Aber es stellt sich schnell die klassische Lobbyismus-Frage: Wie weit ist Einflussnahme demokratisch und wie weit ist sie durch bestimmte Ressourcen oder Kanäle, die zur Verfügung stehen, eine Beeinträchtigung der Gleichheit der Informationen? Aber für das, was wir machen, gibt es da eigentlich keine Schwierigkeiten. Wir kommunizieren nicht in Richtung Politik. Wir kommunizieren das Politische Handeln. Wir unterstützen die Regierung und einzelne Ministerien dabei, ihrem Informationsauftrag gegenüber der Öffentlichkeit nachzukommen. „Zu viele Informationen zur gleichen Zeit machen es für diejenigen einfach, die in kurzen Parolen kommunizieren.“ Alexander Lang Die Grenze, …

Die Politiker Und was sagen die Politiker selbst? Wir haben mit zwei Bundestagsabgeordneten gesprochen. Beide haben, nach eigenen Angaben, selbst noch nie professionelle, strategische PR-Beratung in Anspruch genommen – um die Notwendigkeit, sich zu inszenieren, wissen sie trotzdem. Heute Morgen Übermorgen: Wo verläuft die Grenze zwischen Politik machen und Politik beraten? Marco Bülow: Politik wird immer mehr zu einem Geschäft, in dem man versucht, sich, die eigene Partei und die eigene Politik zu verkaufen. Man folgt längst nicht mehr hauptsächlich seinem Gewissen. Das hat damit zu tun, dass Politik immer weniger in den Landtagen und Bundestagen stattfindet. Die Politik machen andere, Lobbyisten etwa. Das Parlament ist nicht mehr der Ort, wo Politik geprägt wird. Spüren Sie als Politiker einen „Inszenierungsdruck“? Und würden Sie sagen, dass Sie sich selbst auch inszenieren? Ich glaube schon, dass aus dem Einflussverlust von Politik ein Inszenierungsdruck erwächst. Eine weitere Ursache sind die sozialen Medien. Dort wird heute einfach stärker inszeniert als früher. „Als ich gemerkt habe, dass ich über den klassischen demokratischen Weg ohnehin keinen Einfluss habe, habe ich schon …

Die Wissenschaftler Hinter Politikern stehen mitunter ganze Beraterteams – PR-Experten, die versuchen, sie in der Öffentlichkeit ins beste Licht zu rücken. Was bedeutet das für eine Demokratie, in der Wähler auf Grundlage dessen entscheiden, was sie zu hören, sehen, lesen bekommen? Wir haben zwei Wissenschaftler gefragt. Heute Morgen Übermorgen: Wer macht in Deutschland eigentlich die Politik: Sind es die Politiker? Oder inzwischen doch eher ihre PR-Berater? Otfried Jarren: Die Entscheidungen trifft schon die Politik. Trotzdem hat die PR einen Einfluss darauf, wie diese Politik vermittelt wird. Das sieht man zum Beispiel daran, dass Gesetze neuerdings eigentümlich benannt werden, so als seien sie Geschenke für die Bevölkerung. Beispiel: das ‚Gute-Kita-Gesetz‘. Was sind die Chancen und Risiken von politischer PR-Beratung und Inszenierung in einer Demokratie? Wir stehen in Deutschland vor einem Problem. Es gibt keine klaren, gesetzliche Regelungen, was Bundes- und Landesregierungen mit Steuermitteln im Bereich der Kommunikation beziehungsweise PR machen dürfen. Dass sie ihre Politik vermitteln wollen und müssen, muss man akzeptieren. Doch bei bestimmten persuasiven Kommunikationsformen besteht das Risiko, dass eine Regierungs-PR manipulierend wirken und …